Als “Teilzeit-Schleußiger” wusste ich von der alten leipziger Rennstrecke. Sie führte auch über die alte Brücke über die Paußnitz, auf der wir uns in der Zeit vor dem Eintritt in den ADMV(Sommer 1978) mit unseren Mopeds trafen. Mit Begeisterung hatte Opa Alfred von seinen Helden Arthur Rosenhammer, Paul Thiel, Bernhard Petrusche und Horst Fügner erzählt. Onkel Rudi wusste einiges über den “Verräter Degner“, wie er meinte, zu berichten. Als ich im Jahr 1980 meine erste MZ ETS 250/G5 Geländemaschine zusammenbaute, wusste ich über diese Geschichten fast nichts. Meine Verwandten wussten da deutlich mehr. Auch mein Vater und meine Mutter (im Pantoffel) waren mit Opa Alfred mit seinem Fünfhunderter Vierventiler-Rudge-Gespann zum Sachsenring gefahren. Von den Stadtparkrennen haben sie vermutlich nur wenige verpasst. Der 4,31 Kilometer lange Rundkurs führte zentrumsnah vom Start in der Wundtstraße durch den Clara-Zetkin-Park über die Sachsenbrücke nach Schleußig und über den Schleußiger Weg wieder zurück zur Pferderennbahn am Scheibenholz am Rande der Südvorstadt. Viele Pferdeställe der Anlage wurden von den Motorsportlern als “Boxen” genutzt. Das Rennen wurde auch unter dem Namen “Rund um das Scheibenholz” bekannt.

Karte Stadtparkrennen Leipzig, von Openstreetmap contributors – OpenStreetMap, CC BY-SA 2.0, via commons.wikimedia.org
Im Bild links unten ist im Hintergrund der Kirchturm der Bethanienkirche an der Stieglitzstraße in Schleußig zu sehen. Trotz strömenden Regens sind die Hänge der aufgeschütteten Wälle, die als eine Art Tribüne fungieren, dicht von Publikum bevölkert. Heute sind die Hänge mit Wald bewachsen. Die nachfolgenden Fotos machen plausibel, dass damals tatsächlich Besuchermassen von etwa 200.000 verzeichnet wurden. Junge Leipziger werden das kaum glauben. Das erste Rennen fand am 8. und 9. Juli 1950 statt. Bis zum letzten Rennen 1958 waren es insgesamt elf. An den auch als gesamtdeutsche Meisterschaft ausgetragenen Läufen nahmen viele Westdeutsche teil. So konnten sich die aufstrebende MZ-Mannschaft und das EMW-Rennkollektiv an internationalen Maßstäben messen. Zunächst waren in der Rennsportwagenklasse F bis 1500 ccm vor allem Porsche Spyder/Speedster und ähnliche Wagen zu sehen. Dann konnten die Eisenacher vor allem mit dem R3 Paroli bieten. Edgar Barth stellte mit dem EMW R3 auf dem Stadtkurs im Jahr 1955 mit einem Rundendurchschnitt von 127,17 km/h einen Rekord auf. Er war etwa kurz vor der Stelle im Bild unten links so etwa mindestens 150 km/h schneller als die Radfahrer, die heutzutage dort herumradeln. Der R3 war über 240 km/h schnell.
![]() Arthur Rosenhammer beim Leipziger Stadtparkrennen 1953, Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Zuschauertribüne in der leipziger Südvorstadt 1954, Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Arthur Rosenhammer (27) und Heinz Melkus (28) am Start in Leipzig 1954, Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Start zur Formel 3; Theo Helfrich (100) und Kurt Ahrens (Mitte) in Leipzig 1954, Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
Die Formel III, die damals auf 500ccm beschränkt war, wurde zunächst von westdeutschen Fahrern wie Theo Helfrich und Kurt Ahrens dominiert, bis Heinz Melkus und Willi Lehmann gleichziehen konnten. Der ultraleichte britische Cooper war damals das Maß der Dinge. Die am meisten besetzte Motorradklasse war die bis 125ccm. Die IFA DKW RT war wohl das häufigste Motorrad in der jungen DDR. Daniel Zimmermann baute in seinem kleinen Handwerksbetrieb eigene Kurbelwellen und rüstete die RT-Motoren auf den von ihm erfundenen Plattendrehschieber um. Anfang der fünfziger Jahre war die ZPH (Zimmermann/Petruschke/Henkel)das schnellste Motorrad dieser Klasse. Die Bilder unten zeigen Bernhard Petruschke bei seiner Siegesfahrt 1953 in Leipzig. Das Prinzip dieser Einlaß-Steuerung wurde dann von MZ übernommen und von Walther Kaaden weiterentwickelt, so das die MZ bald zu den schnellsten Motorrädern in der Achtel- und Viertelliter-Klasse zählte.
![]() Bernhard Petruschke auf ZPH in Leipzig 1953, Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Sieger Petruschke (hinten Mitte)Leipzig 1953, Foto: Rössing, Renate u. Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Porsche 356 im Drift in Leipzig 1954, Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Die Nürnberger Ebersberger u. Strauss 1953, Foto: Rössing, R. u. R., von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
Lang habe ich den Gang in die Archive aufgeschoben. Dann entdeckte ich eine Art Zufallsfund. Die Deutsche Fotothek stellte Fotos von Renate und Roger Rössing online. Ich kann mich an ihren Fotographien nicht satt sehen. Die für mich schönsten möchte ich einem interessierten Publikum nicht vorenthalten. Renate und Roger lernten sich an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig kennen und heirateten während ihres Studiums. Sie publizierten etwa 90 Bildbände über das Leben in ihrer – also auch meiner Heimat. Da hab ich demnächst damit noch einiges zutun. Sehen Sie sich einige ihrer wunderbaren Bilder an!
![]() Roger Rössing in Leipzig 1954, by Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, Lizenz |
![]() Fotografin Renate Rössing 1954, by Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, Lizemz |
1 Foto: Rössing, Renate und Roger, von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org