Die Touren-AWO 425 T
Es begann mit einem Befehl. Die sowjetischen Verantwortlichen erteilten ihn den Konstrukteuren ihrer AWTOWELO AG. Zu entwickeln sei ein Motorrad mit einem OHV-gesteuerten Viertaktmotor mit 250 Kubikzentimetern Hubraum und 12 PS, Vierganggetriebe, Kardanantrieb und Teleskopfederung vorn und hinten. Zur sowjetischen Aktiengesellschaft gehörte auch BMW. Die Amerikaner hatten zwar bei ihrem Abzug 1945 viel mitgenommen, aber wohl nicht alles. Einige Menschen waren geblieben und auch Kenntnisse und vor allem Fähigkeiten. Manche sagen heute, “Die AWO sieht der kleinen BMW ähnlich” Ja, die wurde ja in Eisenach gebaut. Die AWO war trotzdem eine neue Konstruktion. Sie hatte u.a. eine Geradweg-Teleskopfederung hinten und eine neue Telegabel vorn. Die Ventile im neuen Motor waren v-förmig angeordnet. 1949 und 1950 wurden die hübschen Viertelliter-Maschinen an die Sowjetunion geliefert. Ab 1951 konnte man sie auch in der neu gegründeten DDR kaufen. Sie wurden bis 1959 gebaut. AWO 700 Prototyp Im Jahr 1952 entstanden drei Prototypen mit dem seitengesteuerten russischen Molotow M 72-Motor der eine Konstruktion von BMW war. In der Versuchsabteilung unter Erich Kolbe wurden die Motoren mit dem AWO-Getriebe kombiniert. Die Entwicklung wurde nicht in die Serie überführt. Im Fahrzeugmuseum Suhl ist auch ein interessanter Eigenbau zu sehen, bei dem an das Gehäuse des Boxermotors zwei 250 ccm AWO-Zylinder angebaut sind. |
Die Sport-AWO 425 S
Im Jahr 1955 präsentierte Simson die “Sport-AWO” AWO 425 S. Das Fahrgestell hatte eine neue ölgedämpfte Telegabel von und eine Schwinge mit gedämpften Federbeinen hinten. Die gelungene Linienführung, die verchromten Bremstrommeln und Tankseiten machten es zum meines Erachtens schönsten Motorrad, das in der DDR gebaut wurde. Die Motorleisteung des kardangetriebenen Motorrades wurde 1961 von 14 auf 15,5 PS gesteigert. Bis zur verordneten Produktionseinstellung zugunsten der neuen Mopeds im Januar 1962 wurden insgesamt 209.000 AWOs gebaut. AWO 350 Eskorte In der für die Kleinserienfertigung der Gelände-sportmodelle zuständigen Abteilung wurden 1957 unter der Leitung von Gustav Knapp 30 Exemplare einer Eskorte-Maschine gefertigt. Die Maschinen mit dem 23 PS-GS-Motor wurden bis 1967 bei einigen der damals üblichen protokollgemäßen Staatsempfängen und Paraden eingesetzt. Die Maschine zeigt, wie auch der Prototyp der AWO 350, welch zeitgemäße und leistungsfähige Motorräder hätten produziert werden können. Doch es gab reale Gründe für die schreckliche Produktionseinstellung. Die grausame Entscheidung wurde letztendlich durch Prioritäten erzwungen. Es gab keine anderen Hersteller, welche die enorme Nachfrage nach dem “Massengut Moped” in diesen Größenordnungen und Qualitäten hätten herstellen können. Das rohstoffarme Land DDR musste fast alles selbst herstellen, von der Kerze bis zum Braunkohlenbagger, vom Nagel bis zum Hochseetrawler. Eingebunden im RGW haben wir “aus Scheiße Bonbon gemacht”. Stellen sie sich vor, das Spanien, Holland oder Australien vom Hühnerei bis zur Elektrolok, vom Mikroskop bis zum Stahlwerk alles selbst herstellen müssten. Mir ist nicht bekannt, dass das je ein anderer Staat vergleichbarer Größe und Ausstattung geschafft hätte. Trotzdem denke ich oft, wenn ich eine solche schöne AWO sehe; “schade, schade!” |
|
Quellen: Suhr Christian, Das Messealbum, DDR-Motorindustrie im Spiegel der Leipziger Messe, Motorbuch Verlag, 2010