(in Arbeit)

Suhler Fahrzeugwerk GmbH 1991 bis 2000

S 53, S 83, SR50/80, Lastendreirad SD 50 und Elektroauto “Hotzenblitz”

Die Treuhandanstalt privatisierte den volkseigenen Betrieb zur Simson Fahrzeug GmbH. Staatsbetriebe gibt es zwar überall auf der Welt, aber in BRD durfte es so etwas offenbar nicht geben. Nachdem die Entwicklung des schicken S 52 mit Zentralfederbein vor der Wende nicht in die Serie eingeführt worden war, sah man zumindest auf der Herbstmesse 1989 eine Studie mit der Bezeichnung S 53. Die Technik basierte im Wesentlichen auf dem S51/70/80. Man war aber vom eigenwilligen Design von Claus Dietel abgewichen uns setzte nun wieder mehr auf fließende Linien. Sportliche kürzere Schalldämpfer und eine große sehr bequeme Sitzbank wurde verbaut. Auch Kanzeln und Kotflügel aus Plastik kamen zum Einsatz. Das S 53 kam im September 1990 in den Verkauf. In der Ausführung S 53B kostete es nun 2.900 DM. Drei Monate zuvor war die Währungsunion gewesen und das neue Preisgefüge durch z.T deutlich höhere Kosten ließ die Nachfrage sinken. Der Kurs von eins zu eins war der “Genickschuß” für die DDR-Industrie. Die Leute kauften nun eher billige Gebrauchtwagen aus dem Westen. So brachte man vom schönen neuen Mokick bis zum Jahreswechsel 1990/91 nur etwa 2500 Stück an den Mann. Eine Joint Venture mit der portugisischen Firma S.I.S kam auch trotz einiger sehr schöner Enduro-Versuchsmuster nicht zustande. Die Treuhand begann so auch ohne großes Zaudern im März 1991 mit der Liquidierung der Firma. Viele der acht Modellvarianten wurden so nur in wenigen Exemplaren gebaut. Im Jahr 1991 konnten nur etwa 5000 Stück der neuen Modellreihe verkauft werden. Das hatte man vor der Wende in einem Monat produziert. Am 31. 12. 1991 wurde dann auch der letzte der einst 7.500 Mitarbeiter entlassen.

Ende 1991 schlossen sich etwa 60 ehemalige Mitarbeiter zusammen, um eine gewisse Produktion wieder aufzunehmen. Für Millionen Fahrzeuge im In- und Ausland würden vermutlich für Jahrzehnte noch Ersatzteile gebraucht werden und für die neuen Modelle war eine gewisse Nachfrage durchaus vorhanden. Inzwischen war aber auch die DDR-Zulieferindustrie vernichtet worden und die attraktive Regelung des Einigungsvertrages über die Höchstgeschwindigkeit von 60 satt 45 km/h für DDR-Mopeds würde für die nun neu Herzustellenden nicht gelten. Das spielte beim S83 und SR 80 nicht die Rolle, da dies sowieso Leichtkrafträder waren, welche die Fahrerlaubnis A1 erforderten. Ich kenne zwei Fotojournalisten, die heute noch unverwüstbare SR 80 fahren. Für diese Kleinroller gab es Elektrostarter und sogar einen Katalysator. Man setzte auch auf eine gewisse “Einnischung” in dem man das kleine Lastendreirad SD 50 Albatros im Jahr 1992 “vom Stapel ließ”. Solche Gefährte wurden zu DDR-Zeiten als oft skurrile Eigenbauten von unzähligen Nebenerwerbsbauern und Kleintierzüchtern betrieben. Nun sollte es so etwas auch ohne Einzelbetriebserlaubnis geben. Der Preis war mit 5000 DM jedoch dafür viel zu hoch. Von 1993 bis 1996 wurde in Suhl auch das sehr innovative Elektromobil “Hotzenblitz” hergestellt.

S83 E bei der Oldtema Halle 2017

SD 50 Albatros Baujahr 1998 im Verkehrsmuseum Dresden

Simson Spider Prototyp im Fahrzeugmuseum Suhl

Elektromobil Hotzenblitz im Fahrzeugmuseum Suhl

Die neue Vogelserie Spatz 50, Star 50 und Sperber

Ab 1996 wurden etliche hoffnungsvolle Weiter- und Neuentwicklungen durch die – verglichen mit der Vorwendezeit – winzigen Belegschaft realisiert. Man bezeichnete die neue Modellpalette wieder mit den beliebten Namen der Vogelserie. Die Nachfolger von S53/83 hießen nun Sperber. Für die Führerscheinklasse AM gab es nun auch Modelle wie den Spatz 50 mit Vollautomatik, die dem Stand der Technik der “Chinaroller” entsprachen. Neben diesen modernen eigentlich sehr wettbewerbsfähigen Typen wurden bewährte S53 und SR 50 zu deutlich niedrigeren Preisen angeboten. Die erzielten Gelder aus dem allmählich anlaufenden Geschäft wurden sofort in neue Entwicklungen gesteckt. Die Belegschaft war auf etwa 200 Leute angewachsen.

Sperber 50 Beach Racer Baujahr 1997 im Verkehrsmuseum Dresden

Neuer Sperber mit Zentralfederbein, Oldtema Halle, 2016

Simson Spatz 50 Baujahr 1999 im Verkehrsmuseum Dresden

Simson Schikra 125

Es deutete sich eine Änderung in der Fahrerlaubnis-Gesetzgebung an, die die Klasse der Leichtmotorräder in Bälde attraktiv machen würde. Unverzüglich setzte man auf die Entwicklung eines Leichtkraftrades mit 125ccm, griff aber leider auf den Import asiatischer Viertakt-Motoren zurück. Diese Motoren wurden in Lizenz von Honda in Taiwan hergestellt. Die Qualität dieser Importmotoren war mit der Qualität der Suhler Fabrikate nicht zu vergleichen. Leider wurde eine internationale Vermarktung nicht einmal begonnen. Die Folgen trafen das kleine aufstrebende Unternehmen hart.

Schikra 125, Baujahr 1998 im Verkehrsmuseum Dresden

Simson Schikra 125 bei der Oldtema 2009 in Halle

Simson 125 RS im Fahrzeugmuseum Suhl

SIMSON MOTORRAD GmbH & Co KG (2000 bis 2002)

Der neue Investor Kontec hatte große Pläne und versuchte ab Juni 2000 viele neue Konstruktionen und auch ein “Simson-Hyper-Bike” umzusetzen, da die Meinung vorherrschte, dass in Deutschland vor allem hoch- oder hochpreisige Modelle eine Chance auf Erfolg haben würden. Dieses Geschäftsmodell verkannte die Realität jedoch in erschreckendem Maße. Mehr als 95 Prozent der Nachfrage galt den alten preiswerten Zweitaktern. Diese Nachfrage konnte man nicht bedienen. Der Wechsel zu einem zuverlässigeren Motor von Moto Morini aus Italien für die Schikra erfolgte zu spät. Die m.E. wunderschöne Simson Schikra wurde so letztendlich leider kein Erfolg. Mit dem italienischen Motor mit Sechsganggetriebe wurde die potente 125 RS mit Vollverkleidung vorgestellt. 

Bei HRD in Frankreich produzierte Modelle

Die kurze Kooperation mit der im französischen Nimes angesiedelten Firma HRD, die einige Jahre später mit den unter der Marke “Sherco” verkauften Bikes einigermaßen erfolgreich wurde, brachte zwar attraktive Modelle zustande, konnte dem finanziellen Zusammenbruch der Firma aber nichts entgegensetzen, zumal die Lieferung oft nicht den Bestellungen gerecht werden konnten, und das Chaos dann dem Ruf Suhls endgültig schädigte. 

Simson 125 SM Baujahr 2001 im Verkehrsmuseum Dresden