Nur ein kleiner Teil der verschiedenen Werke und Betriebsteile der Auto-Union wurden nach umfangreicher Demontage durch die Sowjets später überhaupt wieder für den Fahrzeugbau genutzt. Das Verwaltungsgebäude wurde beispielsweise zum Krankenhaus. In einige Hallen in Chemnitz wurden ab 1947 firmierend als Sächsische Aufbauwerke (SAW) u.a. Motoren als Reparationsleistung und Ersatzteile hergestellt. So wurden Sturmbootmotoren und Sternmotoren für Flugzeuge als Wiedergutmachung geliefert. Es wurden auch einige V-8-Ottomotoren von Horch für den geplanten H1-Kübelwagen hergestellt. 1947 wurde endlich mit der Herstellung von dringend benötigten Kurbelwellen für die DKW-Frontantriebstypen begonnen, welche zu den häufigsten Fahrzeugen in dieser Zeit gehörten. Im Jahr 1949 wurde die Produktion des Zweizylinder-Zweitaktmotors für den PKW DKW/IFA F 8 einschließlich Kupplung und Getriebe wieder aufgenommen. Das hört sich jetzt recht einfach an. Das war es aber überhaupt nicht. Deutschland war geteilt und viele Zulieferer beispielsweise die für Bleche, nahtlose Stahlrohre, Kolben, Ketten und Zündkerzen befanden sich in den westlichen Besatzungszonen. Lieferungen waren meist gleich aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Eigene Industrien mussten auf dem Gebiet der DDR völlig neu aufgebaut werden. Ich möchte hier an die FDJ-Kampagne “Max braucht Wasser” und den Bau von Eisenhüttenstadt erinnern. Die neuen Betriebe mit neuem Personal hatten in der Anfangszeit teilweise Probleme mit den geforderten Qualitäten. So gab es Probleme bei der Umstellung auf russisches Erdöl bei der Herstellung von Schmierstoffen und bei der Laufzeit von Doppelrollenketten für den F8-Triebsatz. Solex-Vergaser konnten nicht mehr verwendet werden, aber dem VEB Berliner Vergaserfabrik gelang es schnell, neue Vergaser zu entwickeln und zu liefern. Das Porzellanwerk Neuhaus, das bisher Isolatoren für Überlandleitungen für Siemens-Schuckert hergestellt hatte, arbeitete sich in die Fabrikation von Zündkerzen ein. Im Jahr 1947 wurden ein halbes Dutzend verschiedene Typen überwiegend in Handarbeit hergestellt. Bereits 1949 war die eine Großserienproduktion vieler Varianten und Wärmewerte in Gang gekommen. Im Jahr 1957 wurde dort die 25 Millionste Zündkerze gebaut und etwa 50% der Produktion exportiert. Bald hatte die Firma Isolator Zündkerzen für alle Anwendungsbereiche im Angebot.
Das Interesse de Sowjets galt vor allem der Lieferung von Produkten als Reparation. Dafür hatte der SMAD sogar die Wiederaufnahme der Produktion des modernen Viertaktmotors des Wanderer W 24 erwogen. In Anbetracht der Material-Situation war aber der kleine und sehr leistungsfähige Zweitaktmotor des F9 interessant geworden. Die Amerikaner hatten von allen Typen alle Konstruktionsunterlagen, die sie vorfanden, mitgenommen. Die Grundlage für die Produktion des F9-Motors waren unter Trümmern und Schrott versteckte Exemplare, von denen wieder Zeichnungen erstellt werden konnten. An dieser Stelle halte ich es für angebracht, den Heldenmut der “Verstecker” und der Initiatoren der Serieneinführung des IFA F9 zu würdigen. Das Verstecken von Gegenständen, welche zum Eigentum der UdSSR erklärt worden waren, hätte auch ein Todesurteil oder mit “etwas Glück” einen jahrelangen Aufenthalt in einem sowjetischen Gulag in Sibirien zur Folge haben können. Doch alles wendete sich zum Guten. Aus den erhaltenen Prototypen wurde ein neuer Motor konstruiert. Die Kurbelwelle wurde technologisch völlig neu erdacht. Die Kolben waren nun gleich – DKW hatte unterschiedliche Bohrungen im Block angewendet. Im Jahr 1950 wurde aus dem sächsischen Aufbau-Werk das VEB Motorenwerk Chemnitz, das bald darauf auch den Dreizylindermotor für den F9 und den Framo V901 einschließlich Kupplung und Getriebe produzierte. Im Jahr 1953 wurde Chemnitz in Karl-Marx-Stadt umbenannt. Die Produktion des Dreizylindermotors wurde nach Eisenach verlegt, die nun auch den F9 montierten. In Zwickau sollte der neue Kleinwagen gebaut werden. Der wassergekühlte DKW-Zweizylindermotor mit 700ccm wurde etwas in der Leistung gesteigert und in Zwickau mit nun 22 oder 23 PS in die PKW P 70 montiert – die ersten Wagen mit Kunststoffkarosse. Es gab einige Prototypen des wassergekühlten Zweizylinders für den Trabant und eine preiswertere Version des F9, die nicht in die Serie übernommen wurden. Der Betrieb der nun VEB Motorenwerk Karl-Marx-Stadt hieß, baute nun hauptsächlich die Zweizylinder mit 15 bis 23 PS Leistung, die in P 70, Geräteträger Maulwurf und Motorspritzen verwendet wurden. Nachdem die Barkas-Werke in Hainichen im Jahr 1957 in VEB Barkas-Werke Hainichen umbenannt worden waren, wurde der Hauptsitz des Betriebes 1958 nach Chemnitz verlegt. Nun wurde auch noch das VEB Fahrzeugwerk Karl-Marx-Stadt in die Firma integriert. Eine neue wichtige Aufgabe der Firma, die nun VEB Barkas-Werke Karl-Marx-Stadt hieß, war die Produktion von Motoren und Getriebe für den neuen Kleinwagen Trabant in großen Stückzahlen. Für die Montage des Kleinwagens wurden im VEB Fahrzeugwerk Chemnitz die Produktion des Geländewagens P 2 und in Zwickau die des P240 “Sachsenring” eingestellt.
Im Jahr 1984 schloß die DDR unter der Leitung von Außenminister Gerhard Beil mit VW einen umfangreichen Vertrag. Dieser beinhaltete die Lizenz für die Produktion von VW-Motoren in Chemnitz und die Lieferung gebrauchter Produktionsanlagen von VW nach Chemnitz. Desweiteren sollte die DDR Rumpfmotoren des Typs EA 111 für VW produzieren. Doch die Kosten für die massiven Änderungen bei vielen Zulieferbetrieben, der Bau einer neuen Gießerei und vieles mehr ließen die Kosten auf nicht geplante Höhen steigen. Die Lizenzgebühren und andere Kosten waren für eine damals eigentlich schon veraltete Konstruktion recht hoch. Der eisenacher Motor hätte für einige Milliarden weniger in die Produktion überführt werden können. Durch die Wende war die Entwicklung aber für das Chemnitzer Werk dann doch glücklich. Während fast alle Betriebe im Osten geschlossen wurden, lieferte Chemnitz weiterhin Motoren für die preiswerteren Versionen von VW Golf und Polo. Der Betrieb überlebte als einer der Wenigen und das Motorenwerk wurde aus dem VEB Barkas herausgelöst und in Motorenwerk Chemnitz GmbH umfirmiert. Die neugegründete Volkswagen Sachsen GmbH im VW-Konzern errichtete auf dem Gelände in Chemnitz ein neues Werk in dem etwa 1.100 Beschäftigte in den neunziger Jahren etwa 3000 Verbrennungsmotoren pro Tag produzierten. Die Betriebe der Barkas-Werke hatten 1989 insgesamt 7281 Beschäftigte.