Die motorsportbegeisterten Leipziger Walter Stoye und Hans Mittenzwei bauten zunächst für sich, dann auch für andere Motorradrennfahrer innovative leichte Seitenwagen, die beispielsweise beim Badberg-Rennen – dem Vorläufer des Sachsenrings – von zehntausenden Besuchern in Aktion betrachtet werden konnten. Recht schnell entstand eine rege Nachfrage nach den schnellen “Aluminium-Pantoffeln”. Die bald darauf gegründete Firma Stoye Fahrzeugbau Leipzig stellte ab 1925 Seitenwagen in vielen verschiedenen Modellen für unzählige Motorradtypen diverser Hersteller her. Schon in den dreißiger Jahren waren sie zum führenden Hersteller in diesem Marktsegment geworden. Zusätzlich zur regen zivilen Nachfrage und den begehrten Rennsport-Modellen kamen nun auch noch Aufträge vom Militär. Man hatte gut zu tun.  

D-Rad R 05 Bj. 1927 mit Beiwagen Stoye-Touren-Sport

D-Rad R 05 Bj. 1927 mit Beiwagen Stoye-Touren-Sport

BMW R 35 Gespann mit Stoye-Seitenwagen Modell SM

Simson AWO 425 Gespann mit Stoye-Seitenwagen TM

Walter Stoye hatte einigermaßen Glück nicht als Rüstungsbetrieb zerschlagen und enteignet zu werden. Der Hauptgrund dafür war wahrscheinlich, dass für die von den Sowjets sehr begehrten BMW-Gespanne Beiwagen benötigt wurden. Er konnte ohne Demontagen weiter produzieren und war nun Partner der sowjetischen Awtowelo AG. Nach dem Sport-Modell (SM) wurde ab 1952 der Lasten-Beiwagen UR für die Deutsche Post produziert. Beide Typen wurden zunächst meist mit BMW/EMW R 35 und dann etwas später mit der Simson AWO 425 T ausgeliefert. Zum recht windschnittig und schmal gehaltenen Modell SM kam nun das etwas bereitere Touren-Modell, bei dem die beiden Aluminium-Seitenschalen mit einem breiten Steg aus Aluminium-Strangguß verbunden wurden. Die Touren-AWO bekam bald eine moderne Schwester mit komfortabel gefederter Hinterradschwinge. Auch bei MZ kam mit der ES ein gut gefedertes Vollschwingen-Modell in Produktion. Der neue Beiwagen EL wurde mit den Schwingen dieser Modelle verbunden. Die Achse fungierte nun als Torsionsfeder im Sinne eines Querstabilisators für das Gespann.

MZ ES 250 Gespann mit Stoye EL

MZ ES 250/2 Trophy Gespann mit Super-Elastik Seitenwagen

ETZ 250 mit Lastenseitenwagen Oldtema Halle 2017

MZ TS 250/1 mit Lastenseitenwagen auf Basis SEL

MZ ETZ 250 Gespann mit Superelastik-Seitenwagen

MZ ETZ 303 mit Seitenwagen SEL Oldtema Halle 2018

Im Jahr 1961 kam ein völlig neuer Seitenwagen heraus. Der Superelastik-Seitenwagen (SEL) hatte neben der “Drehstab-Schwinge” ein weiteres Federbein, was den Komfort erhöhte. Desweiteren wurde das Ein-und Aussteigen erleichterte, in dem die nun breitere Karosserie nach vorn geklappt werden konnte. Im selben Jahr wurde die Firma Stoye teilverstaatlicht und an das Motorradwerk Zschopau angegliedert. Ab 1964 wurde ein neuer Lastenseitenwagen auf der Basis des SEL produziert. Auch wurden etliche Spezialseitenwagen für Rennsport und Moto-Cross gebaut. Nach dem Machtwechsel zu Erich Honecker kam 1972 die große Verstaatlichungswelle. Stoye wurde zum MZ Werk IV. Der Geschäftsführer Hans Mittenzwei bekam für das ganze Betriebsvermögen 60.000 Mark Abfindung. Im Jahr 1990 wurde das Werk von MZ abgelöst und abgewickelt. Stoye war nach Watsonian-Sqire (GB) der am zweitlängsten produzierende Seitenwagen-Hersteller der Welt. Es wurden pro Jahr 5000 bis 6500 Stück produziert.

Quellen: Rönicke, Frank, Das grosse DDR-Motorradbuch, Motorbuch Verlag, Stuttgart, 2013