Fokussierung auf den Bau von Kleinwagen

Der überall in Mitteleuropa sichtbare Trend zur Massenmotorisierung ließ natürlich auch die DDR nicht unberührt. Millionen Ostdeutsche wollten ebenfalls vor Regen geschützt bequem reisen. In Deutschland war Eisen und Stahl im Wesentlichen immer im Ruhrgebiet und in geringem Maße in Schlesien produziert worden. Es gab bald ein Embargo, das einen Export von diversen Gütern in die DDR verbot. Dies betraf im Automobilsektor Stahlblech, Antriebsketten, Kugellager, Zündkerzen, Kolben und vieles mehr, die hauptsächlich in Firmen hergestellt worden waren, die nun im Westteil Deutschlands lagen. So mussten neue Betriebe für diese Teile errichtet werden. Die DKW-Wagen wurden mit Karossen hergestellt, die zum großen Teil aus Holz und Kunstleder bestanden. Die Verwendung dieser Materialien war nach dem Krieg nicht mehr zeitgemäß. Schon in der Versuchsabteilung der Auto-Union war mit alternativen Material experimentiert worden. Unter Kurt Lang nahm man die Forschung zu Kunststoffkarosserien wieder auf. Es war geplant den F9 damit auszustatten. Ein Verbund-Kunststoff aus Baumwollabfällen und Phenolharz erwies sich als widerstandsfähig und preiswert. Im Jahr 1955 wurden die ersten 2000 Kunststoffkarossen für den P 70 gebaut. Für den F9 war dies nicht möglich.

PKW P 70 Limousine mit Duroplast-Karosserie bei der "Via Regia" in Markranstädt

PKW P 70 Limousine mit Duroplast-Karosserie bei der “Via Regia” in Markranstädt

Genau so ein P 70 Sportcoupe hatte mein Opa. Oldtema Halle/Saale

Genau so ein P 70 Sportcoupe hatte mein Opa. Oldtema Halle/Saale

P 70 Kombi im Museum für sächsische Fahrzeuge Chemnitz

P 70 Kombi im Museum für sächsische Fahrzeuge Chemnitz

P 70 Kunstoffbeplankung unlackiert

Presse für Trabant Karosserieteile

Beheizte Form für Kotflügel

Der P 70 (1955 – 59)

Nach den erfolgversprechenden Test des neuen Karosserie-Materials wurde ein neues Modell geplant, das ab 1955 in Serie produziert wurde. Rahmen und Fahrwerk waren dem F 8 noch recht ähnlich. Der Motor mit 690 ccm Hubraum befand sich nun aber vor der Vorderachse und der Kühler dahinter, also genau umgekehrt, wie beim F 8. Er leistete jetzt 22 PS (23 PS im Coupé) und hatte eine Dyna-Start-Anlage, d.h. Lichtmaschine und Anlasser sind eine Einheit, deren Anker direkt auf der Kurbelwelle sitzt. Die Plast-Karosse ersetzte aber nicht das Blech sondern vor allem Sperrholz. Bei den meisten DKW-Modellen waren Karosserie-Spanten- und Holme aus Holz und die Beplankung aus Sperrholz und Kunstleder. Für die Massenmotorisierung schien ein Fahrzeug mit Holzteilen weniger geeignet. So wurde kurz nach Serienstart an einem neuen Modell gearbeitet, das bald als Trabant bekannt werden sollte. Im Frühjahr 1956 gab es vom P 70 auch eine Kombi-Version und noch ein Jahr später ein Sportcoupé. Insgesamt wurden 1955 – 1959 in Zwickau 36.151 Fahrzeuge des Typs P 70 produziert.

Der P 50/Trabant 500

Nach einem Beschluss des Ministerrates der DDR sollte für die Motorisierung der Massen ein Fahrzeug geschaffen werden, das bei möglichst geringem Materialeinsatz, Rohstoffbedarf und Treibstoffverbrauch eine vierköpfige Familie transportieren konnte. Im VEB Forschungs- und Entwicklungswerk Karl-Marx-Stadt begannen im Jahr 1953 die Arbeiten an einem Kleinwagen, der ein vollwertiges Auto sein sollte, also deutlich über dem Standart anzusiedelt wäre, der in dieser Zeit von Gogomobil, BMW-Isetta, Hansa Lloyd  und Zündapp Janus definiert worden war. Da im “VEB Audi” ebenfalls dazu Entwicklungen liefen, wurde der Auftrag nach Zwickau weitergereicht. Der grüne Kombi im Bild oben sieht wie ein P 70 aus. Er hat aber kleinere Räder und man erkennt einen negativen Sturz an der Hinterachse, ein Hinweis auf die Einzelradaufhängung, wie beim Trabant in der Serie später verwendet. Es handelt sich um eines der ersten P 50 Funktionsmuster. Einige Trabant-Prototypen hatten eine Ganzstahlkarosse. Die endgültige Karosserieform des Trabant 500 (P 50) wurde als Prototyp erstmals am 23. Oktober 1956 vorgestellt. Ein großer Unterschied zum P 70 bestand darin, das die Karosse des P 50 selbsttragend war. Der P 70 besaß einen Rahmen aus Vierkant-Profilen. Es gab verschiedene Trabant-Motorkonstruktionen beispielsweise mit Auspuff nach hinten. Auch Zschopau entwickelte einen Motor für den P 50, der statt des Einlaßdrehschiebers Schlitzsteuerung hatte. Ein Jahr später entstand eine Nullserie, doch die Großserie ließ auf sich warten. Der Grund für die Verzögerung war, dass das Werk zu klein für die geplanten Produktionszahlen war. Neue Zulieferbetriebe mussten gefunden und koordiniert werden. Die Motoren wurden dann in Karl-Marx-Stadt gefertigt und “VEB Audi” fusionierte mit dem VEB Sachsenring Zwickau (ehemals Horch) am 1. 5. 1958 zum VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau. Nachdem die Planvorgaben berechnet waren und viele Details, wie Alfer– statt verchromter Alu-Zylinder, verbessert worden waren, konnte der Serienstart des “Begleiters” am 10. Juli 1958 erfolgen.

Prototyp des P 50 mit abfallendem Heck  im August Horch Museum Zwickau

Früher P 50 Prototyp von 1954, Foto: B. Hofmann

Früher P 50 Prototyp von 1954, Foto: B. Hofmann

Trabant 500 beim Oldtimertreffen in Ammelshain 2018

Karosserie des Trabant 500 Kombi und Fahrgestell Trabant 1.1

Karosserie des Trabant 500 Kombi auf Fahrgestell Trabant 1.1


VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau

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Quellen: Kirchberg, Peter, Plaste, Blech und Planwirtschaft, Die Geschichte des Automobilbaus in der DDR,                                                              Nicolaische Verlagsbuchhandlung Beuermann GmbH, Berlin, 2000                                                                                                              Suhr, Christian, Das Messealbum, DDR-Motorindustrie im Spiegel der Leipziger Messe, Motorbuch Verlag, Stuttgart, 2010