Im Jahr 1958 schuf die FIA diese neue kleine Formel, um jungen Fahrern einen preiswerten Einstieg in den Rennsport zu ermöglichen. Die Initiative ging zunächst von Italien aus, wo mit dem Fiat Millecento-Motoren Triebwerke entsprechend der Homologierung zur Verfügung standen. In Westdeutschland wurden Rennwagen mit Zweitaktmotoren der Auto-Union (DKW-Ingolstadt) gebaut, die meist Frontantrieb hatten. In der DDR stand der Wartburg-Motor zur Verfügung, der im Jahr 1959 von Heinz Melkus in ein erstes Fahrzeug dieser Formel eingebaut wurde. 1960 trugen auch andere RGW-Staaten Rennen in der Formel Junior aus. 

Scampolo-Wartburg

Der erfolgreichste Fahrer und Konstrukteur der Formel 3 in Westdeutschland war Walter Komossa aus Recklinghausen. Unter dem Namen Scampolo baute er kleine schnelle Rennwagen mit 500ccm-BMW-Motor. Eines dieser Fahrzeuge wurde 1953 von Willy Arnolds an Willi Lehmann – einen der erfolgreichsten Rennfahrer Ostdeutschlands verkauft. Lehmann war schon 1950 Meister in der Kleinstrennwagenklasse geworden.

Scampolo-Eartburg ex Willi Lehmann in Zörbig 2009

Es gab zu dieser Zeit Beteiligungen von Fahrern beider deutscher Staaten an Rennen in Ost und West und viele  freundschaftliche Beziehungen. Als die neue Formel Junior geschaffen wurde, rüstete Lehmann den Scampolo auf einen Wartburg-Motor um. In den Jahren 1961 und 1962 wurde er damit DDR-Meister.

Ein Unikat ist der von Christian Pfeiffer gebaute Rennwagen mit Wartburg-Motor, mit dem er in Schleiz im Jahr 1961 den 10. Platz belegte. Mit einem SEG II wurde er im Jahr 1965 Vizemeister.

Pfeiffer-Wartburg ex Christian Pfeiffer beim Bergrennen in Ziegenrück im Jahr 2014

Westdeutscher Formel-Junior-Rennwagen mit Frontantrieb und DKW-Motor (Ingolstadt)

Frieder-Jürgen Rädlein Formel Junior Wartburg “Plättglocke”  Baujahr 1958, Sachsenring 2022

Heinz Melkus KG Dresden: Der “Kettenwartburg”

Nach dem Bau eines sehr innovativen Sportwagens in der Klasse bis 1100ccm, Rennen mit einem Veritas und dem Bau mehrerer Formel 3-Wagen, wandte sich Heinz Melkus mit einigen Rennsport-Enthusiasten der neuen Formel zu. Zunächst dachte man an Skoda oder Moskwitsch-Motoren, bevor man den Motor des Warburg 311 am geeignetsten fand. Da zu dieser Zeit der italienische Stanguellini das Maß der Dinge war, baute man zunächst ein Fahrgestell mit Frontmotor und Heckantrieb, das aber wieder verworfen wurde. Beim “Kettenwartburg” trieb der Mittelmotor über Kupplung und Schaltgetriebe mit einem Kettenantrieb die Hinterachse an. 

Hadamus-Wartburg beim Sonderlauf für Zweitakt-Formelrennwagen bei der ADAC-Sachsenring-Classic 2017

Durch diese Bauart konnte schnell und unkompliziert durch Wechseln der Kettenräder die Übersetzung geändert werden. Die Fahrzeuge wurden auf sehr unterschiedlichen Strecken eingesetzt, so bei Bergrennen – auch in den Alpen – engen, oder schnellen Rundstrecken sowie Stadtkursen. Die Baureihe wurde ständig verbessert, wie einige Fotos und ein Video hier zeigen. Die Motorleistung stieg von anfänglich 68 auf 90 PS im Jahr 1963. Hier kam an jeden Zylinder ein Berliner Rennvergaser, der für die schnellen MZ-Rennmaschinen jener Zeit entwickelt worden war. Insgesamt wurden 19 Rennwagen mit Kettenantrieb gebaut. Sieben davon wurden in die Sowjetunion und nach Ungarn exportiert.

Melkus-Formelwagen beim Sonderlauf für Zweitakt-Formelrennwagen bei der ADAC-Sachsenring-Classic 2017

Melkus Typ 63

In der kleinen Firma des Dresdners Heinz Melkus sind bis 1962 m.E. 38 Rennwagen mit Wartburg-Motor entstanden. Für die Saison 1963 entwickelte Melkus eine völlige Neukonstruktion; leichter, flacher, mit niedrigeren Schwerpunkt. Allein aus der Sowjetunion lagen mindestens 15 Bestellungen vor. Zu Saisonbeginn waren 5 von 10 geplanten Exemplaren fertig. Obwohl das Fahrzeug einige Tücken besaß, konnten damit In Ost- und Westdeutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen, Jugoslawien und der Sowjetunion insgesamt acht erste, acht zweite und zwölf dritte Plätze eingefahren werden. Am Ende der Saison verkaufte Melkus alle fünf Fahrzeuge in die Sowjetunion.

Willi Lehmann in seinem neuen SEG II Foto: IMS Juni 1963

SEG I

In den Jahren 1961 und 1962 wurde Willi Lehmann mit seinem Scampolo-Wartburg DDR-Meister. Das waren bis dahin 36 Siege bei 189 Rennen im In- und Ausland. Doch bald würde er gegen die neuen Typen von Heinz Melkus nicht mehr konkurrieren können. So trafen sich er, Siegfried Seifert, Christian Pfeiffer und Erich Käppler mit Dr. Conrad Hofmann von der TU Dresden. Sie gründeten die “Sozialistische Entwicklungsgemeinschaft für Formel Junior” (SEG). Bald stießen noch Siegfried Leutert, der Leiter der ADMV-Werkstatt des MC Leipzig und Siegmar Bunk dazu. 

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Quellen: Wolfgang Melenk, Meister des Sports, Der Automobilrennsport in der DDR, Motorbuch Verlag, Stuttgart, 2004                                              Wolfgang Melenk, Mike Jordan, Rennsportlegende Heinz Melkus, Verlag Schneider Text, 2008                                                                      Ihling, Horst, Autorennsport in der DDR, Bild und Heimat Verlag, Reichenbach/Vogtl., 2006                                                                        Medrow, Hendrik, Von Könnern, Machern und Legenden, Akteure im Automobilrennsport der DDR,                                                              HB-Werbung und Verlag GmbH & Co. KG, Top Speed, Chemnitz 2016