Eine Erfindung von Alfred Angas Scott nutzen viele Menschen ohne den Namen des Erfinders zu kennen. Scott erhielt 1894 das Patent für die Felgenbremse, die heute wohl am weitesten verbreitete Bremse an Fahrrädern. Vier Jahre später baute er einen Zweizylinder-Zweitaktmotor mit Walzendrehschieber, fliegenden Pleuel und Mittelschwungmasse. Den Motor entwickelte er weiter und baute ihn 1908 erstmals in ein Motorrad ein. Ein Jahr später gründete er die Scott Engineering Company, welche die leistungsfähigen, nun wassergekühlten Maschinen herstellte. Mit den schnellen Motorrädern konnte die Tourist Trophy auf der Isle of Man in den Jahren 1912 und 1913 gewonnen werden.

Das Zweitakt-Verfahren wurde auch bei Erdöl-Kraftmaschinen insbesondere den Glühkopfmotoren von Lanz aber auch, vor allem in den USA, bei Dieselmotoren für schwere LKW verwendet.

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Weiterentwickelte Rennmaschine von Scott. Die typischen Merkmale des Motors wurden bis zum Schluss beibehalten.

Weiterentwickelte Rennmaschine von Scott. Die typischen Merkmale des Motors wurden bis zum Schluss beibehalten.

Lanz HP Allradschlepper mit Knicklenkung und Zweitakt-Glühkopfmotor.

Lanz HP Allradschlepper mit Knicklenkung und Zweitakt-Glühkopfmotor.

Früher wassergekühlter Zweitaktmotor der Fa. Rinne, Berlin, 1925

Wassergekühlter Zweitaktmotor der Fa. Rinne, Berlin, 1925, Raschas Gaststätte, Halle, 2012

Ruppes Motor "Das Kleine Wunder"

Hugo Ruppes Motor “Das Kleine Wunder” DKW, Zschopau, 1919, August Horch Museum Zwickau

Hugo Ruppe hatte schon ab 1903 im Betrieb des Vaters in Apolda das “Apoldania-Motorrad” und verschiedene Kleinwagen, wie den luftgekühlten “Piccolo” und die Apollo-Baureihe entwickelt. In Markranstädt gründete er die MAF. Nach dem ersten Weltkrieg schuf er den DKW-Spielzeugmotor und den Fahrradhilfsmotor für Rassmussen – die Grundlage für den Erfolg von DKW. Im Jahr 1922 trennte sich Ruppe von Rassmussen und gründete in Berlin die Bekamo. Während der DKW-Hilfsmotor etwa 1 PS leistete schöpfte der Bekamo-Motor mit Ladepumpe und Nasenkolben 3,5 PS aus etwa gleichem Hubraum (123 ccm). Das nur 52 kg leichte Motorrad mit einem Rahmen aus Eschenholz war preiswert und schnell. Durch die wirtschaftlich katastrophale Zeit der Inflation musste die Firma aber, wie die Meisten, Konkurs anmelden.

Ein Pionier der Entwicklung von Zweitaktmotoren war auch der Flugpionier Hans Grade. Er hatte eines der ersten Flugzeuge in Deutschland gebaut und im Jahr 1909 den “Lanz-Preis der Lüfte” in Höhe von 50.000 Mark gewonnen. Damit gründete er in Bork eine Flugzeugfabrik. Durch die Beschränkungen des Versailler Vertrages durfte er ab 1919 keine Flugzeuge  mehr herstellen. Er hatte bereits 1903 Motorräder konstruiert und fertigte nun leichte Motorräder mit Zweitaktmotoren. Auf der Berliner Automobilausstellung von 1921 wurde der erste Grade-Wagen mit luftgekühltem Zweizylinder-Zweitaktmotor vorgestellt. Bis 1928 sollen mehr als 2000 Grade-Wagen verkauft worden sein.

Grade Motorrad bei der Curbici Veterano in Zörbig 2009

Grade Motorrad bei der “Curbici Veterano” in Zörbig 2009

Grade Rennwagen mit Zweitaktmotor, Oldtema Halle, 2006

Grade Rennwagen mit Zweitaktmotor, Oldtema Halle, 2006

Der italienische Konstrukteur Giovanni Marcellino erfand und konstruierte bei den österreichischen Puch-Werken in den 20er-Jahren einen Motor mit 2 Zylindern mit gemeinsamen Brennraum sowie gegabeltem Pleuel. DKW kombinierte dieses System mit einer Ladepumpe und schuf damit die Grundlage für ihre erfolgreichen Strassenrennmaschinen.

mehr zu: Doppelkolben-Zweitakt- und Ladepumpenmotoren

In der Firma des Arbeitgebers Klöckner-Humboldt-Deutz AG entwickelte Adolf Schnürle im Jahr 1925 die Dreikanal-Umkehrspülung für Zweitaktdieselmotoren. Rassmussen kaufte die Lizenz und sicherte sich die Nutzungsrechte für alle Benzinmotoren. Andere Hersteller mussten bei DKW Lizenzen für derartige Motoren kaufen. Die neuen Zweitakter hatten nun flache, statt Nasenkolben, einen besseren Wirkungsgrad und somit eine höhere Leistung.

Puch 200ccm mit Doppelkolbenmotor

Puch 200 ccm mit Doppelkolbenmotor und gegabelten Pleuel. Die Kolben liegen hintereinander.

Motor MZ ES 150 mit Schlitzsteuerung und Umkehrspülung

Motor MZ ES 150 mit Schlitzsteuerung und Umkehrspülung

Zweitaktmotor mit Walzendrehschieber

Zweitaktmotor mit Walzendrehschieber und Nasenkolben des tschechslovakischen Herstellers Zbrojovka, 1930

Bei den Grazer Motorenwerken AG in Puntigam wurde 1928 von Karl Schüber ein 350ccm-Zweitakter mit Membransteuerung konstruiert, der etwa die doppelte Leistung, wie die Puch Motorräder gleichen Hubraums hatte. Die hochwertigen Titan-Motorräder wurden bis 1932 hergestellt. Auch DKW verwendete kurze Zeit dieses Verfahren. Dann geriet der Membran-Einlaß in Vergessenheit. Yamaha entwickelte ihn im Jahr 1971 mit schrägen Zungen in einem dachförmigen Rahmen neu.

Bootsmotoren der Fa. König (vorn) und von Dietmar Zimpel, Ausstellung in Raschas Gaststätte, Halle 2012

Bootsmotoren der Fa. König (vorn) und von Dietmar Zimpel, Ausstellung in Raschas Gaststätte, Halle 2012

Replica der 500ccm Grand Prix Maschine der Fa. König von 1970 mit über 100 PS, Sachsenring, 2017

Replica der 500ccm Grand Prix Maschine der Fa. König von 1970 mit über 100 PS, Sachsenring, 2017

Frühe IFA RT 125 mit Plattendrehschieber in einer Ausstellung am Sachsenring 2017

MZ-Strassenrennmaschine 125 ccm, ADMV Classic Cup Köthen, 2015

MZ-Strassenrennmaschine 125 ccm, ADMV Classic Cup Köthen, 2015

Schon die Scott-Motorräder hatten ab 1911 eine Einlaßsteuerung mit einem Walzendrehschieber. Der Luckenwalder Daniel Zimmermann erfand 1952 den Plattendrehschieber, der zu einer Grundlage der Rennsporterfolge von MZ wurde. Der Berliner Bootsmotorenbauer König entwickelte leistungsstarke Zweitaktmotoren mit Drehschiebern. Im Foto oben links ist im Vordergrund ein wassergekühlter Vierzylinder-Zweitakt-Boxermotor aus dem Jahr 1967 zu sehen der aus 500 ccm etwa 100 PS entwickelte. Ähnliche Motoren wurden bei den Weltmeisterschaften für Motorräder in der 500er Klasse eingesetzt und erreichten zum Schluss etwa 140 PS. Dahinter ein 250 ccm Zweizylinder-Bootsmotor von Dietmar Zimpel aus Aue mit 74 PS. Die international konkurrenzfähigen Motoren von Zimpel wurde aus der DDR in alle Welt verkauft.

Die neue Einlaßsteuerung wurde auch von Anfang an im Trabantmotor angewendet, der 1955/56 (P 50 Nullserie 1957) entwickelt wurde.

Kurbelgehäuse des Trabant mit Drehschieber-Einlaßsteuerung

Kurbelgehäuse des Trabant mit Drehschieber-Einlaßsteuerung

Trabant 600 mit Drehschiebergesteuerten Zweitaktmotor. Pegau 2016

Trabant 500 (P 50) mit drehschiebergesteuerten Zweitaktmotor, Pegau, 2016

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Quellen: Neuerungen an Gasmaschinen, Polytechnisches Journal 247, 1883, J. G. Cotta, Stuttgart, Seite 145 – 153

               Neue Erdölkraftmaschinen. Polytechnisches Journal 303, 1897, Verlag J. G. Cotta, Stuttgart, Seite 246 – 251

               Wolfgang Roediger, Hundert Jahre Automobil, Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin, 2. Auflage 1988