Johannes Gustav Paul „Hans“ Grade wurde am 17. Mai 1879 in Koszalin (damals Köslin in Pommern) im heutigen Polen geboren und studierte 1900 – 1904 an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg. Bereits 1903 konstruierte er ein eigenes Motorrad und führte bis 1905 eine erste eigene kleine Firma.

Flugpioniere

Als erster Motorflug der Welt galt lange Zeit der Hopser der Gebrüder Wright, den sie im Dezember 1903 gemacht haben wollen. Aber waren sie wirklich die Ersten? Hiram Maxim startete 1894 ähnlich, wie schon 1884 Alexander Fjodorowitsch Moschaiski, ein Fluggerät mit Dampfmaschine, das sogar ein Stückchen flog, aber nicht richtig gesteuert werden konnte. Das erste Motorfluggerät, das schwerer als Luft war und steuerbar längere Zeit flog, wurde vom Professor für Physik und Astronomie der Smithonian Institution Washington D.C. Samuel Pierponz Langley am 6. Mai 1896 mit einem Katapult in die Luft geschossen. Es flog mit Hilfe einer kleinen Dampfmaschine etwa 1200 Meter weit in beträchtlicher Höhe aber ohne einen Menschen an Bord. Léon Levavasseur baute ab 1902 einen leichten, innovativen Flugmotor mit Benzineinspritzung. Diese etwa 80 PS leistenden Motoren wurden in die Santos-Dumont 14-bis und in den Voisin-Farman I eingebaut und führten zum ersten offiziell anerkannten Motorflug am 23.10.1906 und zum ersten dokumentierten Geschwindigkeitsrekord von 52,7km/h im Oktober 1907. Davor war aber schon Trajan Vuia am 18. März 1906 und Jacob Christian Hansen Ellehammer am 12. September 1906 geflogen. Die Flüge von Gustav Weißkopf am 18. August 1901 und die von einigen anderen sind umstritten.

Modell Grade-Dreidecker Baujahr 1908 im Verkehrsmuseum Dresden

Grade Eindecker Baujahr 1909 im Verkehrsmuseum Dresden

Grade Eindecker Baujahr 1909 mit Vierzylinder-Zweitakt-V-Motor im Verkehrsmuseum Dresden

Grade Motorrad bei der Curbici Veterano in Zörbig 2009

Der erste offizielle Flugzeughersteller in Deutschland  war August Euler, der ab Oktober 1908 den französischen Voisin-Doppeldecker in Lizenz baute. Doch bevor er den Ersten davon fertig gestellt hatte, hob Hans Grade am 28. Oktober 1908 in Magdeburg zum ersten deutschen Motorflug ab. Sein Dreidecker war eine Eigenkonstruktion, genau wie der leichte Sechszylinder-Zweitaktmotor, der bereits eine Saugrohr-Benzineinspritzung aufwies. Zur Förderung der deutschen Luftfahrttechnik hatte der Landmaschinen- und Luftschifffabrikant Karl Lanz einen Preis gestiftet. Diesen ersten “Lanz-Preis der Lüfte” gewann Grade, in dem er am 30. Oktober 1909 den Parkour im gerade eröffneten Flugplatz Berlin-Johannistal erfolgreich absolvierte. Für diesen Preis hatte Grade den neuen leichten Eindecker “Libelle” als Hochdecker konstruiert, für dessen Betrieb ein Vierzylinder-Zweitakter reichte. mit dem Preisgeld von 40.000 Mark gründete er 1910 in Bork eine Flugzeugfabrik und Flugschule. Bis 1914 wurden dort 80 Flugzeuge gebaut und 130 Flugschüler ausgebildet. Er war am ersten Postflug der Welt beteiligt, stellte einen Höhenrekord auf und baute 1913 das erste Flugzeug, das auch auf dem Rücken liegend fliegen konnte. Grade profitierte nicht wie andere Hersteller an der Rüstung für den 1. Weltkrieg. In dieser Zeit reparierte er Flugzeuge und baute einen Traktor für die Landwirtschaft. Trotzdem durfte er durch den Vertrag von Versailles keine Flugzeuge mehr bauen.

Grade Rennwagen in Aktion, Foto: Bernhard Hofmann

Grade Zweitakt-Rennwagen, Foto: Bernhard Hofmann

Der Grade-Wagen

Schon während des Ersten Weltkrieges tüftelte Grade an einem Kleinwagen mit Einzylinder-Zweitaktmotor. Die stoffbespannte vom Flugzeugbau beeinflusste Karosserie bot zwei hintereinander sitzenden Personen Platz. Als Ersatz für die Flugzeugproduktion gründete er Anfang 1921 die Hans Grade Werke GmbH zur Produktion von Automobilen. Schon im Juli beteiligten sich die Kolonialbank und die Gefila GmbH  an der Firma und man wurde zur Aktiengesellschaft. Auf der Berliner Automobilausstellung 1921 wurden die ersten Grade-Wagen ausgestellt. Die Karosse in Bootsform erinnerte auch an den Rumpf eines Flugzeugs und hatte ein originelles mit wenigen Handgriffen ausklappbares Verdeck. Auch die Technik war originell und simpel. Ein mit einem Gebläse gekühlter Zweizylinder-Zweitaktmotor trieb ohne Kupplung einen großen Teller an, gegen den ein Reibrad gepresst wurde. Das Reibrad trieb über eine Welle und einen Kettenantrieb die Hinterachse ohne Differential an. Umso mehr das Reibrad mittels eines Hebels vom Zentrum des Tellers in Richtung Rand verschoben wurde, umso höher wurde seine Drehzahl. Wurde das Reibrad über die Mitte des Tellers in die andere Richtung verschoben fur das Auto rückwärts. Insgesamt sind mehr als 2000 Exemplare des Autos mit Reibradantrieb gebaut worden.

Quellen; Paul Gränz, Peter Kirchberg, Ahnen unserer Autos, Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin, 1975