Motorradartistik und entspanntes Camping im Grünen
Läufe zur Ostdeutschen Trial Meisterschaft in Schönborn (in Arbeit)
Motorsport verbinden viele mit Lärm, Hektik und Anspannung. Es geht auch ganz anders. Auf einem kleinen Campingplatz und auf dem Sportplatz der Gemeinde Schönborn in Brandenburg stehen Wohnmobile, Transporter und Zelte. Die Menschen trinken Kaffee, scherzen, lachen, Kinder laufen herum. Schnell kommen wir mit einigen “Urlaubern” ins Gespräch. Es gibt einen Unterschied zu herkömmlichen Camping. Zwischen den Campern und Zelten stehen spezielle Motorräder. Nach einiger Zeit wird eine Maschine nach der anderen gestartet und man rollt kaum schneller als ein Radfahrer im Stehen in ein Areal im ansonsten dichten Wald. Dort ist es ein wenig heller. Über der ausgedehnten Grube ist das Kronendach lichter. Ein Ortskundiger verrät uns, dass das große Loch vor langer Zeit eine Grube war, in der Braunkohle, die hier bis an die Erdoberfläche reichte, gefördert wurde. Die steilen Hänge sind für die Wettbewerbe offenbar nicht schwierig genug. Deshalb hat man jede Menge Baumstämme, Felsbrocken, Betonteile, kurz alles was das Fortkommen mit einem Zweirad behindern könnte, herbeigeschafft und einen Hindernisparkour für eine der schönsten Motorsportarten überhaupt geschaffen. Heute am Sonntag dem 30. Juni findet der zweite Lauf dieses Wochenendes zur Ostdeutschen Trial Meisterschaft statt.
Um zehn Uhr ist Start, aber auch jetzt gibt es alles, aber keine Hektik. Die Fahrer holen ihre Punktekarten ab und fahren sich und die Maschine einige Minuten lang außerhalb der durch weiß-rote Flatterbänder gekennzeichneten Sektionen warm. Die Punktrichter beziehen in den Sektionen ihre Positionen. Doch es schwillt kein Motorenlärm an, hier und da wird es sogar wieder ruhiger. Die Fahrer laufen – oder besser klettern – durch die Prüfungssektionen um sich ihren Pfad, den sie meistern müssen, anzusehen. Nach den Klassen und weiteren Gesichtspunkten gibt es hier fünf verschiedene Schwierigkeitsgrade. Vom Dreikäsehoch bis zum Rentner ist alles auf den Spezialbikes zu sehen. In fast jeder Klasse herrscht technische Vielfalt. Neben Zwei-und Viertaktern gibt es erste E-Bikes, die in ihrer Leistungsfähigkeit den Verbrennern in nichts nachstehen.
Trial entwickelte sich ab 1910 in England, wo mit Motorrädern immer schwierigere Geländeabschnitten bewältigt werden mussten. Heute wird es in Europa mit geländefähigem PKW, LKW, Motorrädern auch mit Beiwagen und Modellfahrzeugen bestritten. Der TSC Schönborn e.V. hatte ein Motorradtrial für Solomaschinen ausgeschrieben. Im vereinseigenen Gelände der alten Kohlengrube müssen drei Runden gefahren werden, die jeweils acht Sektionen haben. Dabei ist eine Zeit einzuhalten und es dürfen in den Sektionen weder mit dem Fuß, oder anderen Körperteilen Boden oder Hindernisse berührt werden. Jede solche Berührung – man sagte oft; “Er hat gefußt” – gibt Strafpunkte. Für eine Berührung gibt es einen Punkt, für zwei gibt es zwei für mehr drei Strafpunkte. Wird die Sektion nicht bewältigt, werden fünf fällig. Es gewinnt in seiner Klasse der Teilnehmer oder die Teilnehmerin mit den wenigsten Strafpunkten.
Bei dieser Disziplin benötigt man Kraft, Ausdauer und Geschick, wie bei anderen Motorradsportdisziplinen auch. Aber das allein reicht nicht. Um Möglichkeiten zu finden, gut durch die Sektion zu kommen, muss man mit Köpfchen und Erfahrung, Wissen über Physik und die Möglichkeiten der Technik und des eigenen Vermögens genau planen, wie und wo man was macht. Das Schöne an diesen Veranstaltungen ist, das die verschiedenen Klassen auf verschiedenen Wegen durch die Sektion fahren. Anfänger und Spitzensportler kommen so zusammen. Die weniger Erfahrenen sehen den Besten zu. Die Wettbewerbe sind immer permanente Lernprozesse. Neben Kraft und dem Gleichgewichtssinn eines Hochseiltänzers braucht man Intelligenz.
Schön ist es, zu sehen, dass es bei diesem anspruchsvollen Sport offenbar keine Nachwuchsprobleme gibt. Neben vielen anderen zeigen Simon und Darius Delling aus Flöha sehenswerte Trials. Wir denken an unsere ersten Versuche im Trial mit Serienmaschinen zurück. Wir konnten erst im Alter von 15 Jahren und mit einem Simson S 50 beginnen – vor mehr als 45 Jahren. Die jungen Leute haben heute schon ein beachtliches Leistungsniveau. Das stimmt uns hoffnungsvoll und keine einziges Mal denken wir an Politik, Krieg und Probleme. Wir sahen herrlichen Sport – ein perfekter Tag.
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