Sesselrad Golem

Die Idee des Motorrollers mit bequemen Sitz statt schmalem Sattel und der Möglichkeit, ohne die Beine weit hoch zu heben, beispielsweise auch mit Rock oder Kleid, das Fahrzeug besteigen zu können, stammt aus den USA. Dort gab es bereits innovative oder auch kuriose Versuche diese Ideen umzusetzen, wie beispielsweise der Firma Ner-a-Car Syracuse oder die putzigen Roller der Autoped Company of America, die ab 1919 auch von Krupp in Deutschland in Lizenz hergestellt wurden. Zu den zahlreichen Herstellern, die DKW-Motoren in eigene Fahrgestelle einbauten,  gehörte Ernst Eichler in Berlin. Im Jahr 1921, also schon vor den ersten motorradartigen zschopauer Zweirädern, setzte er die Idee des Motorrollers im Sesselrad Golem um. Er stattete das DKW-Aggregat mit einer selbst entwickelten “Lomos-Kupplung” aus. Das Sesselrad Golem hatte recht kleine Räder und einen Tragegriff, mit dem man das nur 35 Kilogramm leichte Teil schnell mal beiseite stellen konnte. Das Vorderrad war mit einem zentralen Federbein, der breite gepolsterte Sitz mit zwei rudimentären Querblattfedern etwas gefedert. Ohne Dämpfung dürfte das Fahrzeug aber auf dem Kopfsteinpflaster ziemlich umhergehopst sein. Verglichen mit den heute von Behörden überall zugelassenen E-Rollern hatten sie aber ein vergleichsweise solides Fahrverhalten. Auch in weiteren Bereichen hatten sie, verglichen mit dem Reichsfahrtmodell, aber auch den Modellen  ZL, ZM und SM moderne Attribute wie den Kettenantrieb. 

Eichlers Sesselrad Golem, Schloß Wildeck Zschopau

Sesselrad Golem, Detail DKW-Motor, Schloß Wildeck

Sesselrad Lomos

Das Sesselrad Lomos hatte etwas größere Räder und neben der Federung des Vorderrades mit Kurzschwinge und zentralem Federbein wie beim Golem, eine Langschwinge mit zwei Federbeinen hinten. Diese Konstellation setzte sich erst in den fünfziger Jahren im Motorradbau allgemein durch. In diesem Detail war das Fahrzeug dem allgemeinen Trend etwa dreißig Jahre voraus. Im DKW-Werk selbst wurden im Jahr 1921 solche Roller produziert, fanden aber wenige Käufer. So wurden einige der Roller mit großen Körben auf dem Gepäckträger für Transporte zu einer Galvanik-Firma in Chemnitz verwendet. Die Gefährte brauchten etwa 2,5 Liter auf 100 Kilometer. Zu dieser Zeit baute DKW noch keine Motorräder in Serie, hatte aber erste in der Erprobung. Trotz recht fortschrittlicher Konstruktion setzten sie sich die frühen Motorroller auf dem Markt nicht durch und verschwanden bald aus dem Produktionsprogramm.

Sesselrad Lomos, Baujahr 1922, Motorradmuseum Schloss Augustusburg, Sachsen 

Lomos unrestauriert im PS-Speicher Einbeck

Quellen:  Ausstellungskatalog, Museum für sächsische Fahrzeuge e.V., Chemnitz, HB- Werbung und Verlag GmbH & Co KG, Chemnitz                           Bach, Frieder; Müller Detlev, Zwei Takte und zwei Räder – DKW-Serienmotorräder von 1922 bis 1945, Mironde Verlag, 2022                        Porazik, Juraj, Motorräder aus den Jahren 1885 bis 1940, Slovart, 1983                                                                                                      Ottinger, Steffen, DKW Motorradsport  1920 – 1939, HB- Werbung und Verlag GmbH & Co KG, Chemnitz                                                        Meinig, Uwe, Motorradmuseum im Schloß Augustusburg, Ausstellungskatalog, 2014, Augustusburg/Scharfenstein/Lichtenwalde                   Schlossbtriebe GmbH