Motorsport ohne Räder und Bremse
Eine kleine aber feine Sonderausstellung im Textil- und Rennsportmuseum Hohenstein-Ernstthal
Schon im Jahr 1865 unternahm Jean-Joseph Etienne Lenoir Versuchsfahrten auf der Seine mit einem Boot, in das er einen seiner Gasmotoren eingebaut hatte. Die ersten Motoren Daimlers und Maybachs wurden als Bootsmotoren verkauft, nachdem sie auf dem Waldsee, als Petroleum- und auf dem Neckar als Elektro-Antrieb getarnt, erfolgreich vorgeführt worden waren. Das gefährlich Benzin wollte man 1885 nicht als Antrieb sehen. Das erste Motorbootrennen fand 1898 in Frankreich statt. Ein Jahr später wurde auf der Weltausstellung in Paris der erste Außenbordmotor präsentiert. Dieser Motor des Franzosen Gustave Trouvé war ein Elektromotor. Am 7. April 1907 wurde in Monaco das erste Rennen für leichte Boote mit Benzin-Außenbordmotoren ausgetragen. Zunächst beherrschten amerikanische Motoren von Evinrude und Johnson die Szene, doch bald gab es Erfolge mit deutschen Motoren von König und EFFZETT. Mit König-Motoren konnten schon 1935 durch Franz Pfennig und Robert Blankenfeldt Weltrekorde aufgestellt werden. Auch nach dem Mauerbau fanden König-Motoren von Westberlin in die DDR und errangen mit ostdeutschen Booten und Fahrern Europa- und Weltmeistertitel.
Am 18. September 1949 konnte nach Bemühungen der Firma Pfennig die erste gesamtdeutsche Regatta nach dem Krieg auf dem Seddinsee gestartet werden.
Der Erfinder und Konstrukteur Daniel Zimmermann hatte einen innovativen Formel-3-Rennwagen gebaut, der 1951 prompt die DDR-Meisterschaft gewann. Legendär war die Entwicklung des Plattendrehschiebers, der in umgebauten IFA-RT-Motoren des Teams ZPH – Zimmermann-Petruschke-Henkel – 1952 erste Lorberen holte. Diese Technik wurde auch bei den MZ-Rennmaschinen eingeführt und führte dort zu internationalen Erfolgen. Ab 1955 arbeitete er an Außenbordmotoren, die nun ebenfalls diesen Drehschieber hatten. Im Jahr 1957 konnte Raymond Kappner mit einem solchen Motor die Europameisterschaft in der Klasse J bis 175ccm gewinnen. Der Motor war anschließend die Basis für die IWL-Delfin-Motoren.
Ab dem Jahr 1957 wurde der Rennmotor Delfin 175 in den Industriewerken Ludwigsfelde hergestellt. Günter Wald erreichte damit bei der Europameisterschaft einen 2. Platz. Nach dem Start der Serienproduktion des LKW W 50 im Jahr 1965 gingen die Aktivitäten vom Werk zum MC IWL über und die Motoren wurden “Iltis” genannt. Günter Wald wurde 1966 damit Europa- und Deutscher Meister. Im Jahr 1970 holte Peter Rosenow mit einem Iltis 175 den Sieg in der Weltmeisterschaft.
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Nach Erfolgen als Ausweisfahrer mit selbstgebauten Motorrädern wurde Dietmar Zimpel 1956 Lizenzfahrer und startete mit MZ-Werksrennmaschinen. Legendär wurde die Zweizylinder-Minimot, eine Rennmaschine mit 50ccm und 12 Gängen, die er mit Bernd Birzer auf die Räder stellte. Im Jahr 1974 erschien er mit einem leistungsstarken Dreizylinder-Bootsmotor mit 175ccm beim Rennen auf der Elbe bei Dessau. Ab 1978 gehörten seine Motoren zu den leistungsfähigsten der Welt und wurden durch die zahlreichen Siege Bernd Beckhusens auch international bekannt. Durch die Firma Alexander Schalk-Golodkowskis wurden sie in alle Welt verkauft, errangen über 150 Siege, darunter ein WM- zwei EM, 21 nationale Meisterschaften und 78 GP-Siege.
So, nun habe ich schon einiges verraten. Die Schöpfer der Ausstellung haben natürlich noch viel mehr zu berichten und viel seltene Technik, Details, Trophäen und Geschichten zusammengestellt. Ein Besuch lohnt sich. Ein besonderes Ereignis werden Demonstrationsfahrten mit DDR-Rennbooten am 23. September 2023 auf dem Stausee Oberwald bieten.
mehr: Textil- und Rennsportmuseum Hohenstein-Ernstthal link
Quellen: König, Olaf & Nitzsche, Dr. Claus, Vom “Rennpantoffel” zum Katamaran, Zur Geschichte des Motorboot-Rennsports in Dresden, Verkehrsmuseum Dresden, 2010
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