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Schon im Jahr 1903 wurde die erste 1000-Meilen-Geländefahrt in England durchgeführt. Ab 1909 konnten Fahrer und Hersteller die Qualität und Praxistauglichkeit ihrer Feuerstühle bei „The Scottish“ – der jährlichen Geländefahrt durch das schottische Hochland – unter Beweis stellen. Seit 1912 gab es das „Six Days’ Reliability Trial“, das ab 1913 zur härtesten Prüffahrt und internationalen Meisterschaft(FICM) der „International Six Days of Regularity“ wurde. Dominierten zunächst legendäre britische Marken die Siegerlisten, hatten bald auch andere Hersteller eine Chance. Neben vielen britischen Mannschaften trat 1913 erstmals eine Französische an. Bald kämpften viele Nationen um die Trophäe (Six Days Trophy). Die Mannschaften mit jeweils zunächst drei später sechs Fahrern mussten dabei auf Motorrädern aus ihrem Land starten. Es entstand die Tradition, diesen Wettbewerb im Land des jeweils letzten Mannschaftssiegers auszurichten, wobei dies nicht immer möglich war und manchmal auch Länder auf dieses Recht verzichteten. Auf Initiative des holländischen Motorrad-Verbandes wurde 1924 ein zweiter Pokal – die Silbervase – geschaffen, um den sich Mannschaften mit je drei, später vier Fahrern und Motorrädern, die nicht aus eigener Produktion stammen mussten, bewerben konnten. Zum ersten mal wurde der Wettbewerb 1929 in Bayern auch teilweise auf deutschem Boden ausgeführt. Recht erfolgreich war die deutsche Mannschaft bei den Six Days 1934 in Garmisch-Partenkirchen auf den starken BMW-Maschinen. Durch die Ergebnisse blieb die Austragung des Rennens auch in den Jahren 1935 und 1936 in Deutschland und eine Mannschaft auf DKW errang die Silbervase. Von 1939 bis 1947 dauerte die finstere Zeit, in der sich die Völker nicht mehr nach sportlichen Regeln maßen.
Six Days und Weltmeisterschaft ![]() Betty Lermitte auf Royal Enfield, Six Days 1927 by speedtracktales.com isdt-1927-england, via commons.wikimedia.org |
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Pokal für Frieden und Freundschaft
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Enduro-Europameisterschaft
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Wie die Bezeichnung “Reliability Trial” schon vermuten lässt, geht es im Motorradgeländesport vorrangig um die Zuverlässigkeit des Materials und der Ausdauer der Fahrer. Bis in die fünfziger Jahre waren die Motorräder den Serienmodellen meist noch recht ähnlich. Firmen wie DKW boten allerdings schon spezielle Teile zur Anpassung der Serienmodelle an den Geländesport, wie hochgezogene Auspuffanlagen an. Die Unterschiede von Motorräder, die im Rennsport, auf der Sandbahn und im Gelände eingesetzt wurden waren bis in die Fünfziger überschaubar. Gespannfahrer, wie Harry Gusinde und Edgar Perduß beispielsweise wechselten an ihren BMW-Maschinen im wesentlichen die Übersetzung und die speziellen Seitenwagen, je nachdem, ob sie Strassenrennen oder Sandbahn fuhren. Im Jahr 1935 nahm DKW sogar mit hochgezüchteten Ladepumpen-Strassenrennmaschinen an den Six Days in Garmisch-Partenkirchen teil. Trotzdem gab es auch auch schon früh speziell für das Gelände optimierte Maschinen, wie die Mc Evoy aus dem Jahr 1926. In den ersten Jahrzehnten nahmen auch Gespanne und leichte kleine Wagen (cyclecars) an der ISDT teil.
![]() Louie Ball McLean riding a Douglas motorcycle through Wrynose at the 1927 ISDT, by unknown author – 25th August 1927 edition of The Motor Cycle, via commons.wikimedia.org |
Der vor der Öffentlichkeit erbrachte Nachweis der Zuverlässigkeit der Fabrikate war sehr werbewirksam. Die Verweise darauf findet man in unzähligen Annoncen, Artikeln und auf Plakaten. Wie gewann man die so werbewirksamen Gold- , Silber- oder Bronzemedaillen bei solchen Zuverlässigkeitsfahrten? Bei den Fahrten gab es Gut- und Strafpunkte. Ein Stehenbleiben an einer Steilauffahrt (“Observed Hill”) kostete 10, die Nichtteilnahme an der Fahrerbesprechung 5 Strafpunkte. Bei der Fahrt waren mehrere Durchfahrts- und Zeitkontrollen zu passieren. Eine Über- oder Unterschreitung der ausgegebenen Sollzeit kostete in der Anfangszeit pro Minute einen Strafpunkt. Meist gab es drei verschiedene Zeittabellen. Die Fahrtleitungen konnten, je nach Wetterbedingung, A-, B- oder C-Zeit ansetzen. Bei der (zunächst inoffiziellen) Weltmeisterschaft “International Six Days Trial” (ISDT) musste in den sechs Wettkampftagen eine Strecke von insgesamt mindestens 1250 Meilen bewältigt werden. Goldmedaillen erhielten nur Fahrer, die nie eine Minute zu früh, oder zu spät gekommen waren. Eine Silbermedaille bekamen Fahrer mit maximal 25 Strafpunkten, eine Bronzemedaille die Fahrer, die letztendlich im Ziel ankamen und dabei in der Karenzzeit (key time) blieben. Die Karenz war die Sollzeit plus 60 Minuten. Das Punktsystem und andere Wertungsmodi wurde vor allem in der Anfangszeit immer wieder geändert. Die wichtigsten Änderungen des Reglements gebe ich im Überblick zur Geschichte der Six Days (ISDT) an. Wichtig sind Regeln, die fremde Hilfe in den meisten Fällen untersagen und das Auswechseln wichtiger Bauteile verbieten. Bei der Maschinenabnahme werden deshalb Motor, Rahmen, Felgen, Federbeine u.a. mit speziellen Kennzeichnungen versehen. Oft wurde ein feiner Stahldraht zwischen Zylinderkopf und Motorgehäuse eingezogen und verplombt, um das Auswechseln von Zylinder und Kolben zu verhindern. Die Maschinen wurden kurz vor dem Start aus einem Parc Fermé genannten abgesperrten und bewachten Bereich herausgeholt und nach der Zielankunft dort wieder abgestellt. Die nationalen Bestimmungen orientierten sich weitgehend an den Regeln des ISDT.
Quellen: Lange, Woldemar, Buschmann, Jörg, DKW Zschopau und der Motorradgeländesport, Bildverlag Böttger GbR, Witzschdorf, 2012 Geisner, Keith, Discovering Six Days – A Story About a Motorcycle, Friendship, and ISDT History, 2021,
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