Im Jahr 1922 suchte der technische Direktor der Apollo-Werke Carl Slevogt für seine Erzeugnisse eine geeignete Teststrecke. Die Landstraßen zwischen Schleiz, Heinrichsruh und Oberböhmsdorf schienen ihm für seine Leistungsprüffahrten geeignet. Nach den Tests mit seinen Erzeugnissen kam ihm die Idee für ein spezielles offizielles Rennen. Bei dem “Brennstoffprüfung” genannten Wettbewerb am 10. Juni 1923 bekam jeder Teilnehmer exakt abgemessene 5 Liter Kraftstoff ausgeteilt. Damit galt es, so schnell und so weit wie möglich zu fahren. Der Automobilist Haußer siegte auf Wanderer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 41,4 km/h und legte dabei eine Strecke von 87,3 Kilometer zurück. Bei den Motorrädern siegt Sportfreund Raebel auf einer Mars mit einem Durchschnitt von 64,2 Stundenkilometern. Ich würde mir wünschen, dass auch heutzutage unabhängig von den Lobbyorganistaionen der Automobilindustrie öffentliche Wettbewerbe zum tatsächlichen Ausstoß von Kohlendioxid, oder zur tatsächlichen Reichweite von Elektrofahrzeugen durchgeführt würden.
Am 15. 6. 1924 fand die erste deutsche Motorradmeisterschaft auf dem Dreieck statt, bei der der legendäre Rennfahrer Toni Bauhofer auf einer Renn-Megola und einem Schnitt von 82,7 km/h Tagesschnellster wurde. Die äußerst innovative Megola besaß einen 5-Zylinder-Stern-Motor, der ohne Kupplung und Getriebe das Vorderrad, in dem er sich befand, direkt antrieb. Im Jahr 1929 kamen bereits 120.000 Zuschauer nach Schleiz, die mit 20.000 Kraftfahrzeugen anreisten. 1933 gab es erstmals Sonderläufe für Wagen bis 750 und bis 1100 Kubikzentimeter.
![]() Toni Bauhofer (2.v.l.) neben Ernst Henne (3.v.l.), von Bundesarchiv, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
Nach zwölf Jahren Pause fand am 18. September 1949, wenige Wochen vor der Gründung der DDR, durch die sowjetische Adminisration genehmigt, das 16. Schleizer Dreiecksrennen statt. Im Jahr 1950 feierten unglaubliche 250.000 Zuschauer unter vielen anderen die “DKW-Helden” Ewald Kluge und Siegfried Wünsche. Anfang der fünfziger Jahre sahen die Zuschauer den Aufstieg der IFA-DKW aus Zschopau in der Klasse bis 125 Kubikzentimeter. Zu den Wenigen die dem Paroli bieten konnten, zählte Karl Lottes auf der MV Agusta und später DKW(West). Nachdem die Strecke grundlegend verbreitert wurde, konnten am 21. September 1952 wieder internationale Läufe ausgetragen werden. In den großen Klassen dominierten Norton und NSU mit meist westdeutschen Fahrern wie Riedelbauch, Knees, Hallmeier und Kläger. Im Jahr 1960 gewann John Hempleman mit Norton-Manx die 350er und 500er Klasse. Fischer und Musiol gewannen die Achtel- und Viertelliter-Klassen mit MZ RE. Ab 1960 konnten keine Fahrer aus Westdeutschland mehr starten und ab 1962 entfielen die großen Motorradklassen. Trotzdem konnten die Zuschauer in den folgenden Jahren die Weltbesten wie Luigi Taveri auf Honda, Ginger Molloy auf Bultaco und natürlich die MZ-Werksfahrer sowie viele andere erleben. Im Jahr 1962 wurde das erste internationale Formel Junior-Rennen gestartet, welches der Südrhodesier David Riley gewann. In der Achtelliterklasse der Motorräder belegte Helga Steudel (Heinrich) auf einer MZ RE einen hervorragenden zweiten Platz. Ab 1964 wurden die internationalen Formel-III-Läufe zur Hauptattraktion. 1964 gewann Max Byczkowski auf dem neu entwickelten Melkus Typ 64 die Formel III. Der Schwede Freddy Kottulinsky stellte 1969 mit 157,88 km/h die schnellste Runde auf, die für Jahre bestehen blieb. Im Jahr 1970 wurde der Hubraum der Formel III auf 1600ccm angehoben. Im Ostblock gab es kein Serienfahrzeug, dass die Basis für einen solchen Motor liefern konnte. Unter anderem deshalb gab es im Jahr 1971 das letzte internationale Formel-III-Rennen in Schleiz.
![]() Helga Steudel (MZ Zwickau), von Bundesarchiv, Schaar, Helmut CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() C. Franck (B) mit seinem Cooper , der hier seinen schärfsten Rivalen, den Franzosen Offenstadt angreift (vorn). von Bundesarchiv, Schaar, Helmut CC BY-SA 3.0 de, via commons.wikimedia.org |
![]() Max Byczkowsky (DDR) auf Melkus-Wartburg, von Bundesarchiv, Liebers, Peter CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de,via commons.wikimedia.org |
Heinz Melkus und seine Sozialistische Renngemeinschaft hatten 1969 den ersten Rennsportwagen Melkus RS 1000 auf die Räder gestellt. Für diese Wagen wurde im Jahr 1970 in Schleiz ein erster Lauf für die neue Gruppe B6 ins Leben gerufen. Da es zunächst nur wenige dieser handwerklich hergestellten Sportwagen gab, beschloß der ADMV, das Fahrerfeld mit heftig getunten Trabanten aufzufüllen. Diese “Rennpappen” durften bis zu 850 Kubikzentimeter Hubraum haben. Helmut Aßmann baute die Motoren auf Schlitzsteuerung mit je einem Vergaser pro Zylinder um. Die Motorleistung reichte oft, um den ein oder anderen Melkus-RS den Auspuff zu zeigen. Dem Publikum gefiel´s. Ein attraktives osteuropäisches Fahrerfeld kam nun auch in der neuen Klasse Tourenwagen bis 1300ccm zusammen. 1973 starte in Schleiz zum ersten Mal bei den Motorrädern die Klasse bis 50 Kubikzentimeter. Die “Mopeds” hatten sich u.a. durch Sportler, wie Gernot Weser, Bernd Birzer und Ralf Schaum zu ernst zunehmenden Rennmaschinen entwickelt. Bald erreichten sie 20 PS und 180 STundenkilometer. In diesem Jahr präsentierten sich auch 150 Oldtimer. Mit den Rennwagen der Klasse C9 konnten spannende Rennen geboten werden. Die Zuschauerzahlen stiegen 1976 auf 125.000. Ab 1977 wurden die Pokalläufe der neuen Formelrennwagen B8 ein Puplikumsmagnet, die Sportwagenläufe dagegen wurden 1978 eingestellt. 1979 war das Fernsehen live dabei und 180.000 Besucher sahen beispielsweise den Sieg von Gernot Weser bei den Fünfzigern. Nur wenige Motorsportler der DDR hatten Zugang zu Westmaterial, wie die Ungarn Drapal und Hrvada(Yamaha) oder wie Gernot Weser zu Teilen von Kreidler. Um Motorradsport für Nachwuchssportler attraktiv zu halten, schuf man die Klasse 250ccm-Einzylinder, die ihr Debüt in Schleiz im Jahr 1981 vor 240.00 Zuschauern hatte. Insbesondere durch die Pokalläufe der B8/E1300 und der Tourenwagen, die eine Art Ost-Europameisterschaft darstellten, kamen in den achtziger Jahren immer zwischen 170.000 und 230.000 Besucher nach Schleiz. Auf Campingplätzen nah an der Strecke zelteten Zehntausende in der wunderschönen Landschaft. Im Jahr 1988 wurde die Klasse bis 500 Kubikzentimeter wieder gestartet und ein großer Corso an Renn-Oldtimern (Video) weihte die neue “Spange Kohlbachstraße” ein. 1989 wurde einem großen Fahrerfeld aus ganz Europa in den Klassen 80 und 500 Kubikzentimetern die Teilnahme ermöglicht – eine Art “frühe Revolution von unten”.
Ab 1990 wurden vor allem Motorradrennen beispielsweise der Deutschen Meisterschaft ausgetragen. Im Jahr 1998 starteten 330 Fahrer aus 15 Nationen. Trotzdem sanken die Zuschauerzahlen im Vergleich zur Zeit vor der Wende deutlich ab. Nach einigen schweren Unfällen wurde entschieden, die Strecke völlig umzugestalten. Durch eine neue Querspange nördlich des Lottoweges einschließlich neuem Start und Ziel, sowie Flächen für das Fahrerlager wurde die Strecke allen neuen Anforderungen gerecht. In den folgenden Jahren wurden viele Läufer der IDM, Superbike, Europameisterschaften und sogar die Seitenwagen-WM ausgetragen. Im Jahr 2023 wurde eine Woche lang das einhundertste Jubiläum gefeiert. Ich war dabei und es war wunderbar!
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Quellen: Festbroschüre der Stadt Schleiz und des MSC “Schleizer Dreieck” e.V. im ADAC, Stadt Schleiz, 2023