D-Cup Classic Trial in Flöha 2024
Historische Motorräder werden gesammelt. Einige stehen in Museen. Sie sind technikhistorische Dokumente. Manche sind aber auch mit einem Alter von 65 und mehr Jahren weiterhin Sportgeräte. Der Hauptgrund der Existenz der site “motorostalgie” ist es, solche Fahrzeuge in Aktion zu zeigen. Ein Film im Museum ist toll. Der Sound einer Royal Enfield und der Geruch einer CZ aus den Fünfzigern im Wald ist aber noch besser. Großartig wird die Sache, wenn die seltene Technik von Könnern bewegt wird – ihrer Bestimmung gemäß. So verlebte ich am Sonntag dem 11. August 2024 unweit des Städtchens Flöha einen wunderbaren Tag und ich konnte etliche Spitzenfahrer aus der DDR-Zeit wiedersehen. Neben dem fünffachen DDR-Meister Günter Ruttloff balancierten auch Manfred Uhlmann, Rainer Amerpohl und viele andere ihre Maschinen gekonnt durch die acht abgesteckten Sektionen im Gelände des MC Flöha. Schon bei meinem ersten Wettbewerben im Jahr 1979 hatte ich Peter Zeh auf seiner grünen seriennahen Jawa/CZ bestaunt. Es war kaum zu glauben, welche Hindernisse er mit den recht kleinen Rädern und der nicht gerade großen Bodenfreiheit der schon damals betagten Maschine überwand. Er wurde viele Male DDR-Meister und baute das Bike später zur Spezialmaschine um, mit der er aktuell am Classic-Trail teilnimmt.
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Die zahlreichen Fahrer aus dem westlichen Teil unseres Landes mögen mit verzeihen, dass ich über ihre Geschichte noch nicht viel weis. Ich will mich bessern. Ein Phänomen fiel vermutlich selbst dem Laien beim Besuch der Veranstaltung auf. Die Einen fuhren BSA, Honda, Yamaha, SWM oder Fantic – einigermaßen bekannte Marken -, die Anderen Motorräder, die es im wesentlichen nicht zu kaufen gab. Wollte man in der DDR eine “Spezialmaschine” haben, musste man sich eine bauen, oder warten und hoffen, dass man von einem anderen Fahrer/Hersteller eine “Abgelegte” vielleicht aus der vorletzten Saison erwerben konnte. In Garagen und kleinen Werkstätten entstanden so sehenswerte, leistungsfähige Wettbewerbsmotorräder, die teilweise aus MZ- und Jawa, bzw CZ-Teilen bestanden. Beispielsweise bot die tschechische Motorkonstruktion den Vorteil, das der Schalthebel auch als Kickstarter benutzt wurde. Auf dieses Gehäuse wurden dann verschiedene MZ-Zylinder aufgesetzt. Rahmen, Auspuffanlagen, Tanks und vieles andere wurden selbst gebogen, “gedängelt”, geschweißt, laminiert, lackiert….im übrigen auch die unterschiedlichsten Transportanhänger. Die gab´s auch nicht im Laden des VEB IFA-Vertriebs. Ich weiß nicht, wie viele Ruttloff-Jawas gebaut wurden. Am Sonntag konnte man eine stattliche Anzahl dieser “Kleinserie” in Aktion sehen. Damals wurden sie meist als Euro bezeichnet. Eine weitere kleine Serie vorwiegend auf Basis MZ wurde vom Team Gyra gefertigt.
Natürlich sind Sektionen der aktuellen Trial-Meisterschaft schwerer als die im Classic Trial. Hier geht es um etwas anderes. Die seltenen Maschinen werden in Aktion gezeigt aber – abgestuft in fünf Schwierigkeitsgrade – so, dass man ihre Zerstörung vermeidet und gesundheitlich wenig riskiert. Wenn eine Maschine aus den sechziger und siebziger Jahren hier durch die Sektion rollt, steht oft ein Sportler drauf, der sie nach ihrer Entstehung im Wettbewerb fuhr. Viele Fahrer sind meist 15 oder 20 Jahre älter als die betagten Maschinen, oft guckt ein weißer Bart aus dem Helm raus. Sie haben sich ihre Gesundheit und bemerkenswerte Fitness den Gleichgewichtssinn und ihre Körperwahrnehmung auf beneidenswerte Weise bewahrt und gehen einer der m.E. schönsten Motorradsportarten nach. Man ist im Freien, in der Natur, unter Gleichgesinnten, macht das, was man mag und andere können zusehen. Die Art und Weise, wie die fünf Schwierigkeitsgrade ausgestaltet sind und wie man miteinander umgeht, macht auch den Wettbewerb zum ständigen Lernprozess. Bei vielen anderen Rennen zählt häufig nur der Sieger. Schon der Zweite ist eine Art Looser. Trial hat für mich deshalb viel mit der “Uridee” des Sports zu tun. Und das sage ich nicht nur, weil ich in der kurzen Zeit, in der ich den Sport ausübte, nicht wirklich erfolgreich war. Aber – es hat mir immer Spaß gemacht und ich denke all den Teilnehmenden am Wochenende auch.
Etwas aber war anders als vor vierzig Jahren. Das Feld wurde durch Fahrerinnen bereichert, die in verschiedenen Schwierigkeitsstufen antraten. Oft erhielten sie von ihren männlichen “Konkurrenten” Applaus. Auch an Nachwuchs fehlte es nicht. Ich hoffe, dass der durch die bekannten natürlichen Prozesse bewirkten Tendenz zur Vergreisung dadurch entgegengewirkt wird und die Szene ewig weiterbesteht. Auf alle Fälle tun die Frauen der ganzen Szene gut.
Am 29. September trifft man sich wieder beim Ost-Classic in Altenau im Land Brandenburg, welches der MC Mühlberg veranstaltet. Bis bald!
Damals: Als die heutigen Oldtimer aktuelle Wettbewerbsmaschinen waren.
Fast alles wurde selbst gebaut. Man beachte auch die Transportanhänger!
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