Endlich!
Motorsport mit historischen Rennfahrzeugen auf dem Schleizer Dreieck
9.- 11.7.2021
Nach – gefühlt – einem Jahrzehnt motorsportlicher Finsternis konnte man endlich wieder historische Technik meisterlich bewegt im schönsten Sonnenschein auf dem thüringer Rundkurs bewundern. Vor kurzem kam nach der Corona-bedingten Zwangsstarre sehr schnell Bewegung in den historischen Motorsport Fast war ich über die Geschwindigkeit, mit der VFV, IHRO, DMSB und MSC Schleizer Dreieck dieses Renn-Wochenende organisierten, verblüfft. Im Fahrerlager angekommen, konnte ich mich kaum satt sehen. Allein der Veteranen-Fahrzeug-Verband (VFV) war mit etwa 200 Startern angereist. Jaguare und Cobras traten gegen diverse Käfer und Ginettas an. Im VFV-GLPpro-Grand Prix, dem “Freddy Kottulinsky Revival”, konnte man die unterschiedlichsten Fabrikate und Baujahre in Gleichmäßigkeitsprüfungen bewundern. Klingt langweilig, ist es aber ganz und gar nicht, wenn man weis, dass eine der besten Methoden ohne eigene Zeitmessungen möglichst gleichmäßig zu fahren, die Bewegung des Fahrzeugs am Limit ist. Man sah Porsche, Mini-Cooper, Autobianchi bei den Tourenwagen, Rudge, Sarolea, Scott und Norton bei den Motorrädern, um nur ganz wenige des gewaltigen Fahrerfeldes zu nennen. Desweiteren starteten die Historische Formel Vau, der A600 – Trabant RS Cup und ein beeinduckendes Starterfeld historischer Formel Easter, hauptsächlich mit den legendären MT 77. Der zweimalige DDR- Meister Heiner Lindner trat hier beispielsweise gegen Gerhard Friedrich aus der alten Garde, aber auch gegen die nächste Generation mit Tobias Worm und Patric Rauscher an. Ein stattliches Feld zum Teil extrem getunter “Rennpappen” war zu sehen und zu hören. Einige holten aus den 0,6 Liter kleinen Zweitaktern mehr als 100 Pferdestärken heraus. Die vielen Baustellen im Fahrerlager könnten aber ein Hinweiß darauf sein, dass bei den Zweizylindern ein gewisses Climax-Stadium eingetreten sein könnte – bei der Motorleistung, gewiss nicht bei der Stärke des Teilnehmerfeldes. Ich erfreute mich an in Deutschland selten zu sehende Ford Anglia, Hillman IMP und Abarth-Tourenwagen auf Grundlage von FIAT und Autobianchi genauso wie an Porsche 944, Triumph TR 6 oder Melkus RS 1000.
Die International Historic Racing Organisation (IHRO) ließ den Motorrad-Straßenrennsport der sechziger und siebziger Jahre wieder aufleben. Nur Steine oder Quader aus Gasbeton kann kalt lassen, wenn die meist holländischen und belgischen Vereinsmitglieder die Schieber ihrer Vergaser hochziehen. Die Piloten von diversen Norton Manx, Ducati Mark III und BSA Goldstar, viele Einzylinder, aber alle mit Trommelbremsen und Speichenrädern, schenkten sich nichts. Es war eine Augen- vor allem aber Ohrenweide – herrlich.
Für mich persönlich jedoch gab es eine unglaubliche Überraschung. Im Jahr 1988 hatte ich meinem Vereinskameraden Henry Büttner beim Aufbau seines MT 77 geholfen. Nach der Wende hatte dieser das Fahrzeug an einen Sammler in Westdeutschland verkauft. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, als ich das Fahrzeug im Originalzustand im Schleizer Fahrerlager sah. Ich ließ meine Finger über meine “Alkydharz-Lackierkunst” (leicht “Apfelsine”) gleiten, und Vater und Sohn Pfeifer nahmen die Haube ab, damit ich meine Identifizierung komplettieren konnte. Ja, diesen Fächerauspuff hatte ich mit Holzpfropfen, Autogen-Schweißtechnik und Formsand zurecht gebogen. Ja, das waren meine Schweißnähte. Ich war einigermaßen aus dem Häuschen. Nach drei Jahrzehnten war der Renner wieder aufgetaucht. Er war nicht restauriert. Er war original. Er wurde einst für die Rennen gebaut, nicht fürs Museum oder den Oldtimermarkt. Er hat noch die Blaumetallic-Hammerschlaglackierung des Rahmens, das heute wohl albern wirkende Silber-Klebeband, ein paar Risse, Beulen und Klebestellen, so wir wir damals gefahren sind. Er ist eine Art Zeitkapsel, ein echtes Relikt. Familie Pfeifer hat den Dornröschen-Bann aufgehoben. Doch persönlich hoffe ich, dass er niemals restauriert wird.
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